An das Gute glauben — und zum Essen einladen

In Krisen wie diesen ist das Richtige für andere unrichtig und falsch. Ob ich also für andere richtig handle, können wir alle nicht letztendlich sagen, wir müssen uns darauf verlassen, dass da jemand “weiter oben” uns beim Guten begleitet. Und so versuche ich heute etwas Gutes zu tun, indem ich ein zwei drei Menschen, die alleine sind, zweimal die Woche zum privaten Essen einlade, weil ich glaube, dass alleine und einsam essen über viele Monate nicht gut und gesund ist.

Zunächst, ich würde mich nicht als gläubigen Christen bezeichnen, aber auch nicht dagegen stemmen können zuzugeben, mit christlichen Werten aufgewachsen zu sein und diese auch irgendwie zu leben.

Dieser Glaube ist mir im Frühling recht rabiat abhanden gekommen. Die staatliche Kirche wurde behördlich geschlossen, diese duldete dies ohne Murren und berief sich auf das Notrecht (!). Fassungslos nahm ich zur Kenntnis, was da abging, las auf Homepages in internetten Wolken, die Kirche finde nicht statt, und wer unbedingt ein Gespräch benötige, wurde höflichst gebeten, dies in dringenden Fällen per telefonischer Sprechstunde (inkl. Zeitangaben) zu tun.

Beeindruckt hat mich eigentlich nur ein Andreas Gygli, der nach dem ersten Lockdown bei der nächstmöglichen Gelegenheit (seine erste und letzte Predigt nach der ausserordentlichen Lage) seinen Austritt aus der Kirche gab, nachzulesen hier.

Er spricht von Krisen und Krisengewinnlern, z.B. warum ein Desinfektionsmittel in der Produktion 70 Rappen pro Liter kostet und danach bei 70ml im Laden für 11.90 verkauft wird. Pro Liter werden folglich 170 Franken gelöst, dies bei Kosten in der Produktion von 70 Rappen. Etwas sei da schiefgelaufen, oder anders herum gesagt, das Businessmodell ist “verdammt” zu gut, aber kaum ethisch integer.

Für Andreas Gygli war das aber nicht der zentrale Punkt. Ausgetreten aus der Kirche ist er als Pfarrer, weil es sich die Kirche in über 2000 Jahren Existenz erstmalig habe nehmen lassen, das Osterfest zu feiern. Auch wenn ich nie der Kirchgänger war, so finde ich, das Zusammentreffen von Menschen ist ein derart zentrales Element, dass die Kirche nie geschlossen hätte werden dürfen.

Und wenn ich die aktuellen Regelungen der reformierten Kirche Zürich lese (Zitat vom 13. Jahur 2021): “Der Artikel der bundesrätlichen Verordnung, der «religiöse Veranstaltungen mit bis zu 50 Personen» zulässt, wurde nicht gestrichen. Somit sind Gottesdienste unter Einhaltung der Schutzmassnahmen weiterhin möglich. Das Ziel der Homeoffice-Massnahme, die Zahl der Kontakte zu reduzieren, gilt aber auch hier, nicht nur im Gottesdienst selber, sondern auch davor und danach bzw. auf dem Hin- und dem Rückweg.”

Zugegeben, ich bin bereits im Dezember 2020 aus der Kirche ausgetreten, ich weiss nur, dass ähnliche Verlautbarungen für mich das Fass zum Überlaufen brachten. Ich hätte mir gewünscht, dass die Kirche mehr Herz, Mut und Verstand gezeigt hätte, und weil es dazu im Dezember 2020 keine Anzeichen gab, bin ich ausgetreten.

Ich weiss, Vergleiche zu früher, können falsch verstanden werden. Trotzdem habe ich mich kundig gemacht, wie es früher war, damals in Zeiten, wo es Seuchen wie Pest oder Cholera gab, die Ortschaften hinrafften und bin dabei beim Örtchen Mattsies gelandet. Damit wir uns richtig verstehen, ich wünsche mir keine solchen Zustände; die Beschreibungen dort sind zutiefst schockierend.

Ich möchte dagegen anregen, darüber nachzudenken, was wir in einer Zeit machen, wo die Sterblichkeit einer übertragbaren Krankheit irgendwo bei 0,1 bis 0,3 Prozent liegt, wenn ich mir vor Augen führe, wie es damals in Mattsies gewesen sein muss, wo innert einiger weniger Jahre von 500 Seelen noch deren 100 übrigblieben. Der dortige Pfarrer begleitete die Todkranken solange, bis er selber von der Pest “vernichtet” wurde.

Selbstverständlich erwarte ich keine solche Hingabe von keiner Kirchenperson (im übrigen von niemandem). Nur, etwas mehr Distanz zu behördlichen Anordnungen wäre möglich. Deshalb gerät niemand mit dem Notrecht in Konflikt. Viele Kirchen verfügen z.B. über grosse Flächen um die Kirchen herum. Ich sehe nicht ein, gegen welchen Paragraphen eine Freiluftpredigt verstossen sollte.

Zu Zeiten, wo die Schweiz viele Asylsuchende kannte, boten einige Kirchen das Kirchenasyl an, auch wenn es nicht legal war. Einige Vertreter davon, wie der Pfarrer Karber wurden noch 2019 im Kanton Zürich verurteilt, weil er die Notwohnung der Kirche zwischen 2011 und 2018 einer Armenierin zur Verfügung stellte.

Was riskierte er dabei? Eine Verurteilung mit einer bedingten Strafe über 5250 Franken; der Richter schloss mit den Worten: «Es kann nicht angehen, dass sich ein Vertreter der Kirche oder einer anderen Organisation über das Gesetz stellt.» Und ganz zum Schluss sagte der Richter: «Danke für Ihr Engagement.»

Ein klein wenig mehr, doch das geht. Ich habe keine Angst, weder vor einer Covid-Ansteckung noch vor dem Tode. Trotzdem halte ich in Respekt Abstand und vermeide Menschenmassen wo nur möglich. Mit meiner Frau habe ich klar besprochen, dass ich kein Bett auf einer Intensivabteilung wünsche, weder heute noch in Zukunft. Ich respektiere gerne, wenn sie oder andere dies anders wünschen.

Dagegen bereiten mir die Folgen der Massnahmen weit mehr Sorgen. Ich glaube zu erahnen, welche Konsequenzen eine Schliessung aller Restaurants hat, wie Alleinstehende vereinsamen, wenn alle Lokale zubleiben. Ich sehe die Hilflosigkeit der Wirte; viele der Lokale werden in den Ruin getrieben.

Und darum habe ich überlegt, welchen Beitrag ich leisten könnte und bin dabei auf folgendes gestossen. Am Mittwoch und Donnerstag jeder Woche koche ich für meine Kinder (meine Frau arbeitet an diesen Tagen). Maximal sind wir folglich zu dritt. Und darum möchte ich an diesen beiden Tagen mein Haus für so viele Menschen öffnen, dass wir die 5-Personen-Regel einhalten. Mit der Beschränkung auf zwei Tage glaube ich auch, im privaten Rahmen zu verweilen.

Ich koche zwar ohne Fleisch und einfach, aber eine warme Mahlzeit ohne Missachtung der “Regeln”, das kann und möchte ich gerne anbieten. Und ich wünschte mir, andere würden mir folgen, nicht um gegen irgendwelche Verordnungen zu verstossen (das mache ich nicht!), sondern um die Folgen der Massnahmen ein klein, klein wenig zu mildern.

Ich erinnere mich auch an den Frühling 2020, wo wir beim Velofahren eine ältere Person trafen, der wir anmerkten, wie sehr sie froh war, ein paar Worte zu wechseln und ich schäme mich noch heute dafür, dass ich damals Angst hatte, der Person näher als zwei Meter zu kommen.

Diese Angst habe ich heute nicht mehr (glücklicherweise trafen die Prognosen von damals bis heute nie ein), doch sehe ich heute eher mehr vereinsamte Menschen als damals. Jenen, die jetzt einwenden, das sei unverantwortlich, sei gesagt, wir verfügen über zwei Räume, die sich zum Essen eignen, und sollte ich mich nicht fit fühlen, würde das Essen mit gesundem Menschenverstand auf später verschoben.

Anmeldungen für einen Besuch bei mir in Egg bei Zürich nehme ich gerne unter nomask@maskenlos.ch oder 044 350 05 61 entgegen. Ob sich jemand meldet, wir werden sehen. Es geht mir dabei nicht darum, die Massnahmen der Behörden zu torpedierten, sondern ich möchte etwas tun für jene, die aktuell darunter am meisten leiden.

Es dürfen sich aber auch alle melden, die ebenfalls zu einem privaten Essen einladen möchten, ich werde entsprechende Angebote dann gerne auf maskenlos.ch aufschalten. Ich bitte aber auch alle, dies nur beschränkt und im strikten Rahmen der 5-Personen-Regel zu tun.

Auch die Kirche ist herzlich eingeladen, teilzunehmen. Zeigt mir Euren Mut und Eure Kreativität in dieser Zeit. Wenn ihr mich überzeugen könnt, so bin ich gerne bereit, meinen Austritt erneut zu überdenken.


Zwischen dem 1. Janaur 2021 und dem 31. März 2022 machte die Schweiz (alleine auf Bundesebende) zur Bewältigung von Covid Schulden über 65370 Millionen bzw. 65.37 Milliarden. Dies entspricht dem Erwerb von neuen Kampfflugzeugen gemäss Abstimmung Sommer 2020. Quelle: Covid-Schulden Bund


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