Zensur: gnulinux.ch als Beispiel

Und plötzlich stehst Du ohne Community da

Spätestens seit meinem Artikel zu den fälschbaren SRF/Tagi-Umfragen bin ich geoutet. Damit musste ich rechnen. Wer etwas öffentlich anprangert, es wäre naiv zu glauben, dass es dabei so etwas wie eine Privatsphäre gibt. Nun gut, so ist es halt. Letztlich lässt es sich ohnehin nicht vermeiden, dass es persönlich wird. In den letzten Monaten ist einiges passiert, was ich letztes Jahr noch für unmöglich hielt. So bin ich aus einem Verein ausgetreten, weil für eine GV (im Schnitt ca. 20 Personen anwesend) ein Zertifikat verlangt wurde. Das müsste zwar nicht sein, die GV in diesem Rahmen könnte ohne Zertifikat stattfinden — fand sie aber nicht, und weil ich für die Teilnahme einen kostenpflichtigen PCR-Test benötigt hätte, hab ich die Mitgliedschaft nach ca. 20 Jahren aufgekündigt. In diesem Beitrag soll es aber darum gehen, wie schnell eine einst offene Community zum Zensur-Hammer greift.

Wer den Beitrag zu den manipulierbaren Umfragen liest, stellt unschwer fest, dass mein Herz für Open Source und Linux schlägt. In den letzten beiden Jahrzehnten habe ich viele Events besucht, Vorträge gehalten, kurz und gut, ich empfand mich als Teil dieser Community. Aktuell scheint es leider, dass auch dieses Standbein “wegbricht”. Wie schnell es gehen kann, möchte ich am Beispiel der gestrigen Diskussion in einem “Talk”-Forum aufzeigen, das auf Matrix-Technologie beruht. Für all jene, die bei Matrix nur Bahnhof verstehen, sei angefügt, Matrix entspricht plus/etwa dem, was bei WhatsApp und Telegram möglich ist. Einfach mit dem Unterschied, dass die Technologie dahinter Open Source ist.

Also habe ich mich gestern beim Talk-Forum von gnulinux.ch angemeldet, um nachzufragen, ob mein Beitrag am gnulinux.ch-Wettbewerb teilnehmen darf. Letztlich hatte ich ja viel Arbeit in diesen Beitrag investiert. Ob ein solcher Beitrag zu gnulinux.ch, zu infosperber.ch oder zu insideparadeplatz.ch passt, darüber lässt sich immer diskutieren. Immerhin haben die letzteren beiden Portale das Thema aber ausführlich aufgegriffen. Darauf folgten andere Medien: Blick, Tagi, Nau und selbst SRF/SRG sah sich gezwungen, einzugestehen, dass die Umfragen doch irgendwie fälschbar sind, dass es diese (vorerst) nicht mehr gibt. SRF/SRG verweist darauf, dass die von gfs durchgeführten Umfragen nicht fälschbar seinen, weil diese mit einer telefonischen Umfrage verbunden seien, vergisst dabei aber, dass SRF noch am 29. Okober 2021 eine gfs-Umfrage zu den Zertifikaten publizierte, die 61% Zustimmung ergab und ausschliesslich Online durchgeführt wurde.

Die Macher von gnulinux.ch haben sich entschieden, das Thema nicht zu behandeln, es sei nicht klar, ob ich damit nicht Recht verletzt habe und es gehe über die Bereiche “Open Source” und “Offene Gesellschaft” hinaus. Ich sehe mich als Teil der Open Source Community und genau aus diesem Grunde meinte ich, gehören solche Themen an die Öffentlichkeit. Mein Beitrag war kein Hacking, er war nicht einmal Undercover, wie mein Freund mir anerkennend gemeint, schrieb. Der Beitrag war einfach das, was einem bleibt, wenn es ohne Beispiel vielleicht etwas zu abstrakt bleibt. Zurück zur Diskussion im gnulinux.ch-Talk. Ich meldete mich an (avbox111, das bin ich, schon wieder ein Outing!) und fragte mit den in etwa obigen Argumenten nach, ob ich am Wettbewerb teilnehme. Nach einigen Sekunden sind meine Beiträge gelöscht und ich erhalte eine Verwarnung:

Regel H war mir nicht bekannt. Daher habe ich auf archive.org nachgesehen (dort finden sich fast alle früheren Versionen von einigermassen bekannten Homepages archiviert). Ich musste erkennen, dass Hacking und Datenmanipulation erst im November überhaupt eingefügt wurde. Ich frage folglich nochmals an:

Auch diese Nachricht ist innert Sekunden gelöscht, und ich erhalte die zweite Verwarnung.

Fast schon “verzweifelt” frage ich nach, warum ich verwarnt werde:

Die Gründe würde ich erfahren, wenn ich in einen PM-Modus ginge. Weiter erfahre ich, dass die Diskussion (gab es je eine solche?) hier beendet sei, basta.

Da ich in der Tat nicht weiss, was eine PN ist, frage ich nochmals nach. Das mag mir als “naiv” angekreidet werden. Aber sorry, bis zu diesem Datum (einige Jahre) habe ich den PN-Modus bei IRC und Matrix nie gebraucht. Später fand ich heraus: PN=Personal Mode, das heisst, es wäre eine private Konversation gewesen. Nur, ich wüsste nicht, warum ich in einem öffentlichen Forum auf eine angeblich private Linie gehen sollte. Das erscheint mir noch naiver. Alles, was in die Tasten gehauen bzw. im Web landet, ist nun mal öffentlich. Immerhin fragt ein Niklas nach, worum es denn gehe?

Und der Niklas war auch schnell genug, um auf den Link zu klicken, bevor er gelöscht wurde und meint dazu:

Niklas findet den Beitrag richtig gut, er sieht überhaupt kein Problem dabei. Nur die Macher sehen dies offensichtlich anders. Die Moderatorin führt es, es möge Mitglieder geben, die das tolerierten. Fast schon akklamatorisch ruft die Moderatorin aus: “Wir als Gemeinschaft tolerieren dies nicht!.”

War ja abzusehen, weder Niklas noch ich haben den Hauch einer Chance. Und ja, ich muss mich jetzt gefühlt zum 100 Mal verteidigen, dass ich weder eine Homepage gehackt noch Daten manipuliert habe. Der Verweis ist etwa derart absurd, wie wenn ich auf einer Suchmaschine mehrere Male ‘Hacking’ eingeben würde, und der Begriff dann in der Auto-Auswahlbox erscheinte, weil das gerade etwas mehr nachgefragt wurde. Da könnte ja auch argumentiert werden, erst dadurch würde über Hacking gesprochen. Einfach nur absurd!

Als Begründung wird angeführt, es wäre so, dass ich meine Linux-Distribution ja auch nicht bei DistroWatch.com hochbieten dürfte. Kein Gedanke dazu, dass das a) nicht möglich sein dürfte (genau wie bei Tagi/SRF), b) dass ich SRF mehrere Male sehr explizit darauf hinwies und c) dass ich mich umgehend outete und d) dass SRF ja am Ende eingestehen musste, dass dem so war und e) dass SRF gerade deshalb die politischen Umfragen einstampfte. Wohlan, ein dicker Hund. Die Moderatorin meint, alles ok, es liege einfach in der Verantwortung von SRF, ob sowas passiere oder nicht.

Und da hätten wir es schon, wieder, meine Posts werden erneut gelöscht…

Ein pxr verweist auf den Streisand-Effekt. Ich musste erst nachsehen, beim Streisand-Fall ging es darum, dass sich die bekannte Sängerin wehrte, dass ihr Haus auf einer Luftaufnahme zu sehen sei. Erst durch die Klage wurde das Bild letztlich bekannt. Dazu Wikipedia: “Als Streisand-Effekt wird das soziologische Phänomen bezeichnet, wenn der Versuch, eine unliebsame Information zu unterdrücken, das Gegenteil erreicht, indem das ungeschickte Vorgehen eine öffentliche Aufmerksamkeit erzeugt, die das Interesse an der Verbreitung der Information deutlich steigert.” Darauf folgt die folgende Antwort:

Und kurz darauf, sind auch die Meldungen von pxr “weggeputzt”.

Ich musste dann Einkaufen gehen, meldete dies später noch und verabschiedete mich (mehr als enttäuscht). Später erhielt ich eine Mail, wonach nochmals angeführt wurde, der Artikel sei nicht publiziert worden, weil gnulinux.ch nicht klären konnte, ob geltendes Recht verletzt sei und der Beitrag über Open Source und Offene Gesellschaft hinausgegangen sei. Ich dürfe es gerne nochmals im Dezember versuchen, gute Beiträge seien immer willkommen. Darauf erwidere ich, dass ich sehr enttäuscht sei, so zensuriert worden zu sein und dass ich mir überlege, daraus einen Blog-Beitrag zu machen. Am Samstag versuche ich, mich nochmals anzumelden:

Das war dann vielleicht das kleine Tüppfchen zu viel, dass ich doch fand, eine solche Diskussionskultur sei zu dokumentieren. Ich nehme dabei in Kauf, von der Community ausgeschlossen zu werden. Im übrigen ganz bestimmt nicht, weil ich hippe auf den Streisand-Effekt bin (diesen kannte ich bislang nicht), sondern weil ich finde, mit einer solchen Diskussionskultur findet keine offene Diskussion mehr statt. Und weil denn dem so ist, so bringt mir die Community am Ende auch nix mehr.

Jemanden, den ich seit ca. 30 Jahre kenne und sehr schätze, hat sich letztlich mit einem Klick bei mir abgemeldet. Auf mein Nachfragen mit dem Titel “Vielleicht heilt die Zeit ja die Wunden”, schrieb sie mir, sie sei “Overdosed”. Hoffen wir einfach darauf, dass wir mit der Zeit wieder zurück zu einer Art Normalität finden, zu einer Diskussionskultur ohne Zensur-Hammer und zu einer Art des entspannten Austausches. Dies wünsche ich uns allen, insbesondere aber auch dem gesamten gnulinux.ch-Team.


Zwischen dem 1. Janaur 2021 und dem 31. März 2022 machte die Schweiz (alleine auf Bundesebende) zur Bewältigung von Covid Schulden über 65370 Millionen bzw. 65.37 Milliarden. Dies entspricht dem Erwerb von neuen Kampfflugzeugen gemäss Abstimmung Sommer 2020. Quelle: Covid-Schulden Bund